Freitag, 19. Januar 2018

ÖKO - Test - wieder einmal

Aus der Pressemitteilung des BGH Nr. 014/2018 vom 18.01.2018 folgt, dass die aktuellen Verfahren betreffend die Werbung mit einem ÖKO-TEST-Siegel durch die Beschlüsse vom 18. Januar 2018 – I ZR 173/16 und I ZR 174/16 von Amts wegen ausgesetzt wurden, weil die Vorgreiflichkeit eines anderen Verfahrens beim EuGH besteht. 

Die beiden Verfahren betreffen die Frage, ob die Verwendung des ÖKO-TEST-Labels in der Werbung ohne Zustimmung der Markeninhaberin mangels Lizenzvertrag eine Markenverletzung darstellt. Bekanntlicherweise ist die Markeninhaberin der EUIPO - Marke "Öko - Test" recht streitbar (es ist die Rede von mindestens 1000 Abmahnungen in den letzten Jahren). Immer wieder werden Unternehmen wegen der Verwendung dieses Siegels oder eines ähnlichen Siegel abgemahnt. 

Das erste Verfahren richtet sich gegen den Online - und Versandhändler Otto. Im zweiten Fall ist der Baur - Versand Beklagter, der zum Otto - Konzern gehört. Beide Unternehmen setzten das Siegel ohne Lizenzvertrag ein und verwendeten eine andere Frage und Größe und wenden reines Informkationsverhalten zugunsten der Verbraucher ein ohne die Marke markenmäßig benutzt haben zu wollen. 

Infolgedessen klagte die Markeninhaberin auf Unterlassung und die Erstattung der Kosten der außergerichtlichen Interessenvertretung wegen der Unterlassungsaufforderungen. Das Landgericht Berlin hatte der ersten Klage stattgegeben und die zweite Klage abgewiesen. Das Kammergericht hatte die Unterlassungsansprüche in beiden Fällen in der Berufung bestätigt und ging von einer Markenausnutzung aus. 

Das Kammergericht hat angenommen, bei der Unionsmarke der Klägerin handele es sich um eine bekannte Marke. Die Beklagten hätten im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 Buchst. c GMV und Art. 9 Abs. 1 und 2 Buchst. c UMV die Wertschätzung dieser Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausgenutzt, indem sie ein ähnliches Zeichen in der Werbung benutzt hätten. Dadurch hätten sie signalisiert, die Klägerin habe diese Werbung mit ihrem Logo für die konkret angebotenen Produkte kontrolliert und für gerechtfertigt gehalten. Der Klägerin müsse aus Gründen des Markenrechts die Entscheidung darüber vorbehalten bleiben, ob im konkreten Fall die beworbenen Produkte als von ihr getestet dargestellt werden dürfen. Dagegen richten sich die Revisionen der Beklagten. 

Die Klägerin gibt seit dem Jahr 1985 das Magazin "ÖKO-TEST" heraus, in dem Waren- und Dienstleistungstests veröffentlicht werden. Sie ist Inhaberin einer im Jahr 2012 registrierten Unionsmarke, die das ÖKO-TEST-Label wiedergibt und für die Dienstleistungen "Verbraucherberatung und Verbraucherinformation bei der Auswahl von Waren und Dienstleistungen" eingetragen ist. Die Klägerin gestattet den Herstellern und Vertreibern der von ihr getesteten Produkte die Werbung mit dem ÖKO-TEST-Label, wenn diese mit ihr einen entgeltlichen Lizenzvertrag schließen, in dem die Bedingungen für die Nutzung des Labels geregelt sind. 

Die Beklagte in dem Verfahren I ZR 173/16 bot in ihrem Internetportal eine blaue Baby-Trinkflasche und einen grünen Baby-Beißring an, die von der Klägerin in einer anderen Farbgestaltung getestet worden waren. Neben den Produktpräsentationen fand sich jeweils eine Abbildung des ÖKO-TEST-Labels, das mit der Bezeichnung des getesteten Produkts, dem Testergebnis "sehr gut" und der Fundstelle des Tests versehen war. Die Beklagte in dem Verfahren I ZR 174/16 bot in ihrem Internetportal einen Lattenrost in verschiedenen Größen und Ausführungsformen sowie einen in Schwarz, Weiß und Rot gehaltenen Fahrradhelm an. Neben den Angeboten war das mit der Bezeichnung des getesteten Produkts, dem Testergebnis "gut" bzw. "sehr gut" und der Fundstelle des Tests versehene ÖKO-TEST-Label abgebildet. Die Klägerin hatte den Lattenrost in einer bestimmten Größe mit verstellbarem Kopf- und Fußteil getestet. Den Fahrradhelm hatte sie in einer anderen Farbgestaltung als den von der Beklagten angebotenen Helm getestet. Die Klägerin sieht in der Anbringung des ÖKO-TEST-Labels eine Verletzung ihrer Rechte an der Unionsmarke. 

Mit ihren vom Bundesgerichtshof zugelassenen Revisionen verfolgen die Beklagten ihre Klageabweisungsanträge weiter. 

In Streit steht hier im Wesentlichen eine missbräuchliche Markenausnutzung. Dagegen wenden die Beklagten ein, dass man mit dem Hinweis auf das Testergebnis lediglich den Verbraucher habe informieren wollen, so dass eine Unredlichkeit verneint wurde.

Der Bundesgerichtshof hat die Verfahren bis zu einer Entscheidung des EuGH im Verfahren C-690/17 ausgesetzt. 

In jenem Verfahren hat das Oberlandesgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 30. November 2017 (Az. 20 U 152/16) Rechtsfragen zur rechtsverletzenden Benutzung einer bekannten Marke vorgelegt, die auch für die Entscheidung des Streitfalls erheblich sind. Der Bundesgerichtshof hat das bei ihm anhängige Verfahren deshalb wegen Vorgreiflichkeit des beim EuGH anhängigen Vorabentscheidungsverfahrens ausgesetzt. 

In diesem Verfahren beim EuGH geht es maßgeblich um die Auslegung und die Reichweite des Art. 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 Buchst. c GMV.  Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat dem EuGH mit Beschluss vom 30.11.2017 (AZ: 20 U 152/16) Fragen zur rechtsverletzenden Benutzung einer bekannten Marke in einem vergleichbaren Fall vorgelegt. Dabei geht es um eine aus Sicht von "Öko-Test" missbräuchliche Nutzung des Labels für Zahnpasta, weil die Rezeptur im Vergleich zur getesteten Paste verändert wurde. 


Vorinstanzen: 
I ZR 173/16 LG Berlin - Urteil vom 8. September 2015 - 102 O 13/15 KG Berlin - Urteil vom 21. Juni 2016 - 5 U 136/15 
und I ZR 174/16 LG Berlin - Urteil vom 28. Juli 2015 - 103 O 5/15 KG Berlin - Urteil vom 21. Juni 2016 - 5 U 108/16 Karlsruhe, den 18. Januar 2017

Quelle: Pressemitteilung des BGH

BGH zur Unzumutbarkeit der Änderung einer Reiseleistung

Wie aus der Pressemitteilung des BGH Nr. 010/2018 vom 17.01.2018 folgt, hat der Bundesgerichtshof dazu Stellung genommen, wann die Änderung des Inhaltes einer Pauschalreise nicht mehr zumutbar ist und zur Erstattung des Reisepreises nach Änderung der Reiseleistung durch den Reiseveranstalter führt. 

Das Urteil vom 16. Januar 2018 – X ZR 44/17 hat folgenden Sachverhalt: 

Die Kläger verlangen von dem beklagten Reiseveranstalter Erstattung des Reisepreises nach erklärtem Rücktritt. Die Kläger buchten bei der Beklagten für den Zeitraum vom 30. August bis 13. September 2015 eine China-Rundreise. 

Nach dem Reiseverlauf waren für die dreitägige Dauer des Aufenthalts in Peking verschiedene Besichtigungen vorgesehen. Eine Woche vor der geplanten Abreise teilte die Beklagte den Klägern per Email mit, dass aufgrund einer Militärparade im September 2015 die Verbotene Stadt und der Platz des Himmlischen Friedens in Peking nicht besichtigt werden könnten. Stattdessen wurde ein Besuch des Yonghe-Tempels angeboten. 

Die Kläger erklärten daraufhin den Rücktritt vom Reisevertrag und forderten die Rückzahlung des Reisepreises in Höhe von 3.298 €, den Ersatz nutzloser Aufwendungen für Impfungen und Visa  sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. 

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Verurteilung zur Erstattung des Reisepreises bestätigt; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. 

Der BGH hat die Entscheidung des Landgerichtes Düsseldorf im Wesentlichen bestätigt. Die Revision der Beklagten ist nach dem Urteil des für das Reiserecht zuständigen X. Zivilsenats unbegründet. Das Landgericht hat zu Recht ein Rücktrittsrecht der Kläger bejaht. 

Ein Reisender kann nach § 651a Abs. 5 Satz 2 BGB bei einer Erhöhung des Reisepreises um mehr als 5 % oder bei einer – im Streitfall zu bejahenden – erheblichen Änderung einer wesentlichen Reiseleistung vom Reisevertrag zurücktreten. 

§ 651 a Abs.5 BGB lässt eine Änderung des Reiseinhaltes nur in engen Grenzen zu. Zunächst ist erforderlichl, dass die AGB einen entsprechenden Vorbehalt enthalten, was standardmäßig der Fall ist. Diese Klauseln sind aber an § 308 Nr.4 BGB im Rahmen der Inhaltskontrolle zu messen. Zulässig sind nur zumutbare Reiseänderungen (s. nur LG Koblenz, RRA 2003, 260). Die Änderung muss nach § 121 BGB unverzüglich nach Kenntnis erfolgen. Der Reisende muss seine Rechte aber ebenfalls unverzüglich ab Änderung dieser Erklärung geltend machen, § 651 a Abs.5 S.4 BGB. 

Infolgedessen ist abgesehen von geringfügigen und vom Reisenden hinzunehmenden Abweichungen  eine nachträgliche Leistungsänderung daher nur dann zulässig, wenn der Reiseveranstalter sich diese im Reisevertrag rechtswirksam vorbehalten hat, was vorliegend der Fall war. 

Der BGH hat diese Klausel aber an § 308 Nr. 4 BGB scheitern lassen und für unwirksam erklärt, so dass dieses Urteil für die AGB -Klauselpraxis bedeutsam ist. Die Änderungsklausel in den allgemeinen Reisebedingungen des beklagten Reiseveranstalters hat der BGH für unwirksam erklärt. 

Zumutbar sind nur Änderungen aufgrund von Umständen, die nach Vertragsschluss eintreten und für den Reiseveranstalter bei Vertragsschluss auch nicht vorhersehbar sind. Außerdem dürfen sie den Charakter der Reise nicht verändern. Beide Schranken kommen in der Klausel nicht zum Ausdruck, die den Ersatz nicht mehr möglicher Reiseleistungen durch vergleichbare andere zulassen (wahrscheinlich in Anlehnung an AG Ffm RRA 2001, 310). 

Der BGH sah jedenfalls unter Berücksichtigung der fehlenden vertraglichen Grundlage für Leistungsänderungen im Streitfall eine erhebliche Änderung einer wesentlichen Reiseleistung für die es an einer rechtlichen Grundlage fehlt. Mangels vertraglicher Grundlage stellt sie sich zugleich als Mangel der Reise dar. Die Änderung einer wesentlichen Reiseleistung ist schon dann als erheblich anzusehen, wenn sie das Interesse des Reisenden daran, dass die Reise wie vereinbart erbracht wird, mehr als geringfügig beeinträchtigt. Damit wird das Kriterium der Zumutbarkeit in § 651 a Abs.5 BGB deutlich präzisiert. 

Der Besuch der Verbotenen Stadt und des Platzes des Himmlischen Friedens als einer der bekanntesten Sehenswürdigkeiten Pekings und Chinas stellte bereits für sich genommen eine wesentliche Reiseleistung dar. Mutmaßlich war dieser Besuch sogar ein entscheidender Grund für die Buchung des Reise. Durch den Wegfall dieser Programmpunkte und ihren Ersatz durch den Besuch eines wenn auch bekannten Tempels wurde die Grenze der Zumutbarkeit mehr als nur geringfügig beeinträchtigt. Das Urteil klärt einen wichtigen Aspekt der Anwendung des § 651 a Abs.5 S.2 BGB. 


Vorinstanzen: AG Düsseldorf – Urteil vom 17. August 2016 – 22 C 89/16 
LG Düsseldorf – Urteil vom 21. April 2017 – 22 S 254/16 

Quelle: Pressemitteilung des BGH