Oberlandesgericht Koblenz: Falschangabe eines Gläubigers im Insolvenzverfahren: Bewusst unwahre Behauptung der
Zahlungsunfähigkeit einer Gesellschaft kann falsche
Verdächtigung sein
Urteil vom 15. Oktober 2012, Az.: 2 Ss 68/12
Das Oberlandesgericht Koblenz hatte in einer Strafsache einen interessanten Sachverhalt zu entscheiden. Es ist nicht selten, dass im Vorfeld von Insolvenzverfahren oder in Insolvenzverfahren Behauptungen aufgestellt werden, die nicht den Tatsachen entsprechen. Selbstredend können derartige unwahre Tatsachenbehauptungen zivilrechtlich geahndet werden, wenn die entsprechenden Anspruchsvoraussetzungen vorliegen. In diesem Fall ging es aber um eine falsche Verdächtigung nach § 164 II StGB, die auch zu Lasten einer juristischen Person erfolgen kann, etwa einer GmbH. Nach § 164 Abs.2 StGB macht sich strafbar, wer über einen anderen wider besseres Wissen eine Behauptung aufstellt, die geeignet ist, ein behördliches Verfahren oder eine andere behördliche Maßnahme gegen ihn herbeizuführen oder fortdauern zu lassen.
Wie das OLG Koblenz treffend ausführt, kann ein Gläubiger, der gegenüber einem Insolvenzgericht wider besseres
Wissen behauptet, sein Schuldner sei zahlungsunfähig, sich
wegen falscher Verdächtigung strafbar machen. Denunzierter
Betroffener eines Insolvenzverfahrens kann dabei nicht nur eine
natürliche Person, sondern auch eine juristische Person (z.B. eine
Gesellschaft) sein.
Im vorliegenden Fall stellte der Angeklagte im Juli 2010 vor dem Amtsgericht Bad
Kreuznach einen Insolvenzantrag gegen eine Gesellschaft und soll nach dem Inhalt eines Strafbefehls dabei wider besseres Wissen behauptet haben, die Gesellschaft
könne seiner Firma ein Darlehen nicht zurückzahlen und sei
zahlungsunfähig.
Gegen den Angeklagten erging im Juli 2011 ein Strafbefehl,
gegen den er Einspruch einlegte. In der Folge hat ihn das
Amtsgericht vom Vorwurf der falschen Verdächtigung
freigesprochen, die dagegen gerichtete Berufung der
Staatsanwaltschaft wurde vom Landgericht als unbegründet
verworfen. Das Landgericht lehnte eine Verurteilung des
Angeklagten mit der Begründung ab, das Insolvenzverfahren sei
nicht als behördliches Verfahren im Sinne der Strafvorschrift
des § 164 Abs. 2 StGB anzusehen.
Die gegen diese Entscheidung
eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft hatte nun einen
vorläufigen Erfolg; der Strafsenat hob den Freispruch auf und
verwies die Sache an das Landgericht zurück. Nach Ansicht des Strafsenats hat der Angeklagte mit seiner
schriftlichen Mitteilung, die Gesellschaft könne das Darlehen
nicht zurückzahlen und sei damit zahlungsunfähig, bewusst eine
falsche Behauptung gegenüber einem Gericht aufgestellt. Diese
Behauptung sei geeignet gewesen, ein Insolvenzverfahren gegen
die Gesellschaft herbeizuführen. Dieses Insolvenzverfahren
stelle auch ein behördliches Verfahren im Sinne des § 164 Abs. 2
StGB dar, da in einem Insolvenzverfahren eine staatliche Stelle
dem Bürger als dem davon Betroffenen hoheitlich gegenübertrete.
Dem Schuldner oblägen weitgehende Auskunfts- und
Mitwirkungspflichten, das Insolvenzgericht könne Sicherungs- und
Sanktionsmaßnahmen anordnen.
Denunzierter Betroffener eines Insolvenzverfahrens könne dabei
auch eine juristische Person sein. Die Einleitung eines
Insolvenzverfahrens gegen eine Gesellschaft könne mit
erheblichen, wirtschaftlich nachteiligen Auswirkungen verbunden
sein. Potentielle Vertragspartner würden von Geschäften mit der
denunzierten Firma abgehalten, was gegebenenfalls zum Ruin des
Unternehmens führen könne. Wer solche wirtschaftlichen Folgen
wider besseres Wissen in Schädigungsabsicht verfolge, habe sich
daher strafrechtlich zu verantworten.
Unabhängig davon stellt sich zivilrechtlich für den Behauptungen das Problem einer Haftung für etwaig entstehende und bezifferbare Schäden aus vorsätzlich sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB, Kreditgefährdung nach § 824 BGB und ggf. weiteren Anspruchsgrundlagen.
Wie der Senat treffend ausführt, darf eine Verurteilung grundsätzlich nicht auf die Feststellungen
in einem freisprechenden Urteil gestützt werden, so dass es dem
Strafsenat verwehrt war, den Angeklagten selbst zu verurteilen, so dass die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden ist.
Missbräuchliche und unwahre Insolvenzanträge oder entsprechende Behauptungen gegenüber einem Unternehmen, können für den Behauptungen aus straf - und haftungsrechtlichen Gründen sehr gefährlich werden.
Quelle: Pressestelle des OLG Koblenz
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